Oktogonaler Schritt - Pasta blanda

Mehr als in all seinen bisherigen Gedichtbänden bringt Kohei Hahn in "Oktogonaler Schritt" die Dimensionen der Angst, des Zwangs, der Gefangenheit und Ohnmacht zum Ausdruck. Es sind Gedichte, die die Vernunft und das lineare logische Denken brechen, verstörend, schön, magisch und immer der Schwerkraft des Todes folgend. Stirb und Werde. Der oktogonale Schritt ist ein magischer Schritt ins Unbekannte, ins Unbewusste oder auch ein bewusster Schritt in den eigenen Untergang, um mit neuer Leichtigkeit und Freiheit wiedergeboren zu werden. Der einleitende Wunsch des Dichters zu Beginn des Buches, "bis ich überall ich bin", zeigt seine Sehnsucht nach Selbstfindung. Erst das tiefe Misstrauen und Hinterfragen all dessen, was man selber ist, die eigene Zersetzung, Zerstückelung und Entkleidung bis zu dem Punkt, an dem nichts mehr übrig bleibt außer Ewigkeit und Leere, ermöglicht eine tiefgreifende menschliche Transformation und die Neuschöpfung einer ganzheitlicheren Identität. Kohei Hahn entkoppelt in seiner Lyrik immer mehr die Wörter von der Sprachlogik. Denn seiner Meinung nach kann erst ein Wort, das nicht im Kontext eines Satzes eingebunden ist und für sich selber stehen darf, seine ganze klangliche und bildliche Wirkung entfalten. So werden viele seiner Gedichte erst als Klang- und Bildkompositionen auf einer unbewussten Ebene greifbar und dem Leser eröffnet sich eine neue Dimension von Sprache und Sprachverständnis. Farblich wird der Band begleitet von Ausschnitten der Keramikarbeiten von Kohei Hahn, die Muster im Stil osmanischer Fayencen zeigen. Inspiriert wurde er dabei von seiner Reise nach Portugal, dem Land der Azulejos, auf der auch die Gedichte entstanden, die den Band einleiten. Bild und Wort machen das Buch zu einem seltenen Erlebnis.